Montag, 22. Februar 2010

W(h)at`s Up?

Da die letzte Woche arbeitstechnisch nicht viel brachte möchte ich an diesem Punkt vielmehr etwas über die religiöse Alltagswelt berichten, so wie sich mir hier bis jetzt offenbarte.
Vorab ein paar obligatorische Fakten:
Betrachtete Region:
Thailand

Größte Religion:
Buddhismus (genauer: Theravada – Buddhismus )

Bekennende Buddhisten:
Ca. 95% , wir können also ruhigen Gewissens von einer homogenen religiösen Landschaft sprechen.

Nun, ganz so einfach ist die Sache natürlich nicht(sonst wäre die Sache ja nach einem guten Wikipedia Artikel erledigt und Religionswissenschaftler schnell(er) arbeitslos).
Denn: in Thailand gibt existiert besagte buddhistische Schule natürlich nicht in „Reinform“(solches gibt es ja insgesamt eher selten, auch wenn manche das Gegenteil behaupten mögen…); in die religiöse Praxis vor Ort haben sich neben einigen hinduistischen Elementen auch noch einige ältere animistische und panentheistische Vorstellungen eingeschlichen und auch einige Hexenkulte werden praktisch am Leben erhalten.
Dies findet Ausdruck in diversen Dingen, eins davon zum Beispiel diverse Tätowierungen in alter Khmer-Schrift, die zumeist Zaubersprüche zur Abwendung böser Zauber sind(oft zu finden bei Motorradtaxi- und TukTuk-Fahrern. Offenbar haben alte Götter auch den Sprung von berittener Kavallerie und Schlachten zu Blech und Hauptstraßen geschafft). Meistens sind Tätowierungen (bei Menschen jenseits der 25) aber eher in niedrigeren Einkommens- und Gesellschaftsschichten anzutreffen. Als Modeobjekt kommt es erst langsam in Mode und auch die bei uns bekannten „Arschgeweihe“ gibt es dann (vor allem in Pattaya) ab und an zu bestaunen, meistens wohl als Liebeszauber und ein nach einem Blick in die Visastelle der deutschen Botschaft wohl auch recht erfolgreich…
Die Amulette dagegen sind unabhängig und an jedem Markt mit mehr als 2 Ständen erhältlich, in allen Formen und Farben: als Ganesha, Buddha, *religionswissenschaftleraus* als obskurer alter, ausgemergelter alter Mönch mit Glatze und irrem Blick *religionswissenschaftleran* als überdimensionaler(hoffentlich ) Phallus, diverse Drachen, Kröten und natürlich das Wahrzeichen Thailands: der Elefant. Auch bekannt als Chang. Manche Amulette bestehen auch aus Elfenbein, aus Metallröhrchen mit buddhistischen Gebetsformeln (also auf Sanskrit), aus Büffelhaaren, Federn, alten Münzen und manchmal auch aus Reliquien besonderer spiritueller Personen(also meistens aus toten alten Männern).
Besagte Amulette haben auch besondere Kräfte inne, können vor Geistern schützen und haben für einen unglaublich lächerlichen Preis meist auch noch einige andere tolle Eigenschaften
Ein Element, dass man definitiv nicht bestreiten kann, ist die Tatsache, dass sie die Klassen vereinen, denn man sieht erfolgreiche(also monetär) Geschäftsleute, Mönche, Barmädchen, Lehrer(in der Gesellschaft hoch angesehen, wenn auch nicht hoch entlohnt) und Schüler, genauso wie Filmstars, Taxifahrer und Köche.
Wobei grundsätzlich gilt, bis auf die sehr offensichtlichen Talismane können die meisten das, was man gerade von Ihnen braucht. Im Alltag fest verankert sind auch die sogenannten Geisterhäuschen. Diese Gebäude findet man normalerweise vor jedem Haus, an dessen Errichtung Thais beteiligt waren. Meist entweder direkt vor dem Haus oder auf dem Dach, sind diese kleine Gebäude, die von einfachen Konstruktionen mit Ähnlichkeiten zu einem Vogelhaus reichen bis hin zu kunstvollen und großen Gebilden, die schon von weitem beeindrucken. Jeden Morgen(ohne Ausnahme) werden dort Opfer dargebracht – Räucherstäbchen entzündet, Essen dargereicht und ein kurzes Gebet oder eine kurze Andacht. Nachdem ich die erste Verwunderung verwunden hatte, und auch den Geruch nicht mehr so exotisch fand und auch nicht mehr dachte „oh wie schööön….“ Bin ich der Sache dann doch mal auf den Grund gegangen und habe durch teilnehmende Beobachtung und Leitfadeninterviews heraus gefunden, was es damit auf sich hat: und voilá:
Die Geisterhäuschen sind ganz einfach und selbstverständlich errichtet, damit der ehemals dem Grundstück ansässige Geist, der nun durch die rücksichtlosen Menschen vertrieben wurde, nun ein neues Heim hat und nicht Rache an den Frevlern übt. Ganz einfach also.
Diese Gebilde finden sich aber ziemlich ausnahmslos an jedem Gebäude, ob es jetzt ein Luxushotel, wie das Millenium Hilton ist, eine Wellblechhütte in den Slums im Außenbereich Bangkoks oder auch so etwas weltliches wie das Siam Paragon Shopping Center – sie alle haben ein Geisterhäuschen, wobei man den Status des Gebäudes oder der Besitzer auch oft genug ablesen kann am Stil und an den Verzierungen. Thailändische Bei thailändischen geistern kommt es wohl auf die Größe an…
Religion spielt hier also auch im dichtesten Alltag und an jeder Hauptverkehrsstraße eine wichtige Rolle, auch wenn sie oft unterzugehen scheint.
Und diese Alltagstauglichkeit ohne strafenden Gott, ohne Sünden, Ablass und böse Hierarchien ist es ja, was den Buddhismus so romantisch erscheinen lässt. Denn wenn man jetzt Mist baut, gibt es ja noch das nächste Leben. So die Vorstellung und so auch das Credo vieler Thais. Das führt einerseits dazu, dass man wirklich sehr tolerant wirkt, bzw. dass das Leben, bis auf ein paar bunte Statuen und Zeremonien ab und zu sehr säkular wirkt und ein gläubiger Mensch(als die sich hier wahrscheinlich wirklich die 95% bezeichnen würden) durch seine Religiösität immer noch das machen kann, was ihm gefällt. Auch tolerant ist der Buddhismus, denn wo es keinen EINEN Gott und nicht DEN Weg gibt, kann man ja auch nicht den solitären alleinigen Wahrheitsanspruch haben und andere durch Blutvergießen von der eigenen Barmherzigkeit überzeugen, nicht wahr?
Na ja – fast: die Realität sieht leider so aus, dass es auch im Buddhismus Glaubenskriege gab, der Buddhismus mit seiner Kette aus Karma und Dharma kann auch wunderbar umfunktioniert werden als Herrschaftsinstrument, in dem eben jeder seinen angestammten und „verdienten“ Platz in der Befehlskette hat.
Was allerdings stimmt, ist die Toleranz gegenüber anderen Religionen, was aber leider auch viele zu dem Irrglauben verleitet, dass es im Buddhismus nicht auch ein paar absolute NoGos gibt, Tabus, die man einfach nicht brechen sollte und die einem mehr als einen schlechten Ruf einbringen. Denn auch, wenn die thailändische Kultur von Zurückhaltung geprägt ist, bedeutet es nicht, dass man alles machen darf, nur weil man nicht sofort angeschrien wird.
Beispiele dafür liefert Ayuthaya einige: dort ist gibt es noch viele Tempel(Wat – get it?), die meisten leider zerstört(wie mir meine burmesischen Begleiterinnen regelmäßig ins Gedächtnis gerufen haben;) ). Ein paar Beispiele habe ich ja gestern schon gegeben, und weil ich heute in Schreiblaune bin(und zudem noch ein wenig Zeit an meinen kurzen Fingern habe) gibt es noch mehr.
Natürlich 1: Schuhe aus!
2: Nicht über andere betende Hinüber steigen, immer außen herum
3: die Regel mit den Füßen gilt zwar nirgends in Thailand so richtig, aber in Tempeln sollte man nicht mit den nackten Füßen auf andere Menschen zeigen

Das sind eigentlich die wichtigsten, davon abgesehen schaut auch die farangs niemand komisch an, wenn sie beten, Mönche sind Alltag, auch alltagstauglich(vereinzelt kaufen sie auch dezentral gelagerte günstige Kopien von ansonsten sehr teurer Software…) und ein kurzer Wai vor dem Buddha für Thais angebracht.
A pro po Mönche und alltagstauglich: meine arme romantische Seele musste schon etwas leiden unter dem Anblick der asketischen, vorbildlichen spirituellen Vorbilder, die sich auf dem Weg zur Erleuchtung und dem Pfad der weltlichen Entsagung in der Pause während der Busfahrt erstmal genüsslich ne Kippe anstecken. Oder sich im Pantip Plaza mit fast legaler Software eindecken…Nun ja, der Weg ist wohl lang und staubig, vielleicht kommt die Erleuchtung wenn man ein paar mal stolpert doch schneller…
Leider muss ich die besten Bilder mal wieder auf morgen verschieben, aber immerhin hab ich diesmal ein paar und auch Lesefutter ist Futter, ein bisschen Fantasie ist in unserem Medienzeitalter vielleicht auch ein ganz gutes Training;) Diese Woche gibt es auch meine Lieblingstempel…
So long,
Micha
Mein Lieblingselefantengott in verdienter Pracht:)
Ein Geister"häuschen" in nächtlicher Pracht

Was man als guter Gläubiger halt so darbringt:)

Montag, 8. Februar 2010

The Reminder

Besser spät als nie kommt hier mal wieder ein Update – arbeitstechnisch ist nicht viel passiert, deswegen schreib ich doch einfach mal etwas über das, wofür Thailand allgemein und Bangkok speziell berühmt ist…wurde doch immerhin ein ganz Lied der Bangkoker Nachtszene gewidmet(zu finden HIER).
Was ist also das Gesicht des Sextourismus in Bangkok?
Es ist nicht das Gesicht Pattayas, die Stadt, die nur aus einem einzigen riesigen Rotlichtviertel besteht…es ist auch nicht die Straße, an der ein Spiegel am Zaun, um sich dort für ihre Freunde hübsch zu machen, gelangweilt Kette zu rauchen und schmale Jungs in hautengen Tanktops lässig an der Ecke stehen.
Vielmehr als die Stripclubs, Go-Go Bars und Einladungen zu Ping Pong Shows auf der Khao San Road und in Pattaya ist es der ganz normale Alltag, der nur ab und zu irritiert.
Das durchschnittliche Gewand des Frauentourismus ist hier nicht ein kleines Kind, dass ein 60-jähriger an der Hand mit nach Hause nimmt, sondern vielmehr das Lachen von zwei betrunkenen Europäern Anfang 30, die in einer Kneipe sitzen und für 10€ die Zeit ihres Lebens haben und sich wie Könige fühlen, dabei absolut armselig aufführen. Die sich hier ihren Traum vom Playboy Millionär erfüllen wollen, dabei alles haben, was es zu Hause nicht gibt, Luxus, Macht und Frauen. Ganz oben sind sie ganz unten angekommen, lachen immer noch über die eigenen Witze, während ihre Begleiterinnen einen Schmollmund ziehen, gelangweilt schauen und sich hin wieder zu einem angedeuteten gespielten Lächeln hinreißen lassen – auf Einladung.
Nicht die Sünde oder die exotisch-erotischen Eroberungen sind es, die hier so verlocken, es ist das Gefühl, Geld(man selber) könne alles kaufen und wer das Geld hat bestimmt alles, hat Recht. Obwohl vorhanden, wird der typische Europäer in diesem Land selten an Tore kommen, die ihm verschlossen sind, die zu teuer und edel sind. Verführerisch scheint man nie in die Situation zu kommen, etwas nicht kaufen zu können, eine Situation nicht mit einem elegant gezückten Geldschein zu lösen…
Ob es jetzt ein Kaufrausch auf einem der Märkte, Malls ist oder die Lokalrunde in der Lieblingsbar – alles scheint käuflich und alles scheint billig und nur darauf zu warten, dass Herr (oder Frau) nicht zusätzlich zu den Bäuchen auch noch ein schweres Portemonnaie(ich werde niemals einknicken!) tragen müssen.
Natürlich ist das nur ein kleiner Teil, aber (zu) viele Leute führen sich in diesem Land auf, als wäre Geld die einzige Sensibilität, die man mitbringen müsste. Nur weil man Eintritt bezahlt, hat man kein Hausrecht in Tempeln, sollte sich trotzdem respektvoll anziehen(und benehmen), links und rechts das Geld schmeißen und zwischen respektvoll und unterwürfig liegt eine feine Linie.
Zumindest in Bangkok wird es auch ermutitgt, wenn man durch die Shoppingmeile der Ratchathewri zieht - das SiamParagon, Central World, MBK, die Straße auf der 10 Einkaufszentren nebeneinander liegen in Dimensionen, die die USA wie den schwachen kleinen Bruder aussehen lassen. Wo man sofort von einem Verkäufer umgarnbt wird(ohne aufdringlich zu sein), wo man 4 Euro für eine Stunde Massage bekommt und alles auf den schnellen Konsum und Genuss ausgelegt ist. Frauen sind hier noch Dekoration und der Kunde mehr als ein König. Um mal wieder einen pfiffigen Bezug zum Titel zu ziehen(ja, geschickte Rundumschläge sind eins der hunerten von Talenten, die man benötigt, um meinen Job hier Beitragender an diesem journalistisch einzigartigen Blog zu bekommen) möchte ich gerne an eine abgedroschene Sache erinnern:
Man kann sich vielleicht viel Dinge kaufen, aber denkt bitte daran: nicht alles was man für Geld kaufen kann, ist auch was wert.
Um mit einem deutschen Zitat zu schließen:
„Ich lege Euch ganz besinders ans Herz, nie zu vergessen, dass die Kultur des siamesischen Volkes viel älter ist als die unsrige(sic!). Nach dem Respekt, den ihr dieser Kultur erweist, wird sich die Wertschätzung richten, die die Siamesen Euch entgegenbringen(sic!)“1

Bilder folgen…dafür jetzt mit Fußnote:)

1: Staatsekretär von Stephan 1890 in Berlin 1890 zu den deutschen Posträten, die das Post- und Telegrafensystem in Deutschland ausbauen sollten.

Donnerstag, 4. Februar 2010

Mittwoch, 3. Februar 2010

Time after Time

Es gibt diese Woche noch was Neues, bloß ist noch nicht allzuviel passiert, aber sobald ich von meinen Raubzügen auf die Fensterbank abgesprungen bin, stehen die Weichen wieder auf TEXT! Und Informationen:)
 
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