Donnerstag, 15. April 2010

3: Myanmar

Am 27. März verschlug es uns also nach Myanmar, ehemals Burma.
Nach einer Nacht in Bangkok setzten wir uns frisch gepackt un neugierig in ein Taxi, um uns auf die Reise zu machen, die zwar nur eine Stunde dauern sollte, aber mindestens 3 Welten weiter liegt.
Der Nachbar und Erbfeind Thailands(siehe Ayuthaya) ist von der britischer Kolonie nach einer sehr kurzen sozialistischen Unabhängigkeit(1948-1962) in die Hände einer Militärdiktatur, die sich seitdem die Zeit damit vertreibt, das ehemalige "goldene Land in dem niemand hungern muss" systematisch ausbluten zu lassen.
Dies im wörtlichen Sinne, denn obwohl das Land eines der reichsten der Erde ist, leben die Menschen dort von ca. 20$ im Monat, die Analphabetenrate ist die höchste in ganz Südostasien(mit großem Abstand) und Kinderarbeit ist an der Tagesordnung.
Pressefreiheit gibt es nicht, wenn man die Zeitung liest, sieht man, dass im Land selber nichts geschieht, immer nur im Ausland; dafür gibt es Parolen, die beschwören, dass man nicht auf ausländische Propaganda reinfallen soll und "negative Elemente zerstören". Die Generäle an der Macht werden immer reicher, während Menschen in ihrem Land verhungern, um die katastrophale Infrastruktur wenigstens etwas auszubauen, gibt es sogenannte "Donation Labour" Aktionen sprich: Zwangsarbeit für die Bevölkerung. Dennoch ist es eines der schönsten Länder der Erde, mit den freundlichsten Menschen, die uns je begegnet sind und man kann an den Pagoden(Tausende!!) immer noch sehen, wie reich das Land einst gewesen sein muss...
Dennoch: vor der Reise in das Land stellt sich jeder(hoffentlich!) die Frage: ja oder nein. Denn mit den hohen Visagebühren und den "Eintrittsgeldern" in bestimmte Gebiete unterstützt man die Regierung. Würde ein totaler Boykott die Regierung stürzen oder ist es für die Burmesen doch besser, wenn der Tourismus wenigstens ein bisschen Geld für sie reinbringt, zudem Ausländer Informationen bringen, ein stärkeres Bewusstsein für die Lage dort entwickeln und eine willkommene Gesprächsquelle für die Einwohner sind?
Letztendlich muss jeder für sich selbst entscheiden, wie er darüber denkt und welche Konsequenzen jeder individuell daraus zieht, wir entschieden uns für die Reise und bereuten es nicht. Was wir allerdings versuchten, war, möglichst wenig Geld an offizielle Sachen zu bezahlen und kleine Geschäfte und Unterkünfte zu unterstützen. Wahrscheinlich gibt es auch hier kein richtig oder falsch...

Unvorbereitet(mehr oder weniger; immerhin hatten wir zufällig am Flughafen noch das großartige "Finding George Orwell in Burma" mitgenommen, dass uns die geistige Einstellung erleichterte und extrem empfehlenswert ist, für einen kurzen Geschichtsüberblick und als Einblick in Land und Stimmung) kamen wir also am Flughafen an und wussten noch nicht einmal, wie viel Kyat ein Euro waren(entdeckt hier irgendjemand ein Muster?); diesmal aber ohne eigenes Verschulden, denn der offizielle Kurs beträgt ca. 1:7, der Wechselkurs der Regierung 1:450 und der eigentliche Wechselkurs(also der mit dem alle rechnen) 1:1000. Na, auch verwirrt?
So war dann auch der erste Eindruck, den wir hatten, dass ein Mann im Rock sich uns als Reiseleiter vorstellte und meinte, dass wir auf gar keinen Fall bei offiziellen Stellen Geld tauschen sollten!Dazu gibt es aufgrund eines internationalen Wirtschaftsembargos keine Geldautomaten und Kreditkarten werden nur sehr selten und mit saftigen Aufschägen(bis zu 20%!) angenommen, d.h. wir mussten unser komplettes Geld schon vorher haben und vor Ort umtauschen, da die Ausfuhr von Kyat strafbar ist. Nice...
Der Rock war übrigens der erste von Vielen, denn von nun an sollten 95% der Männer diese Longyis tragen, später auch der Micha, denn das Land ist noch heisser als Thailand und geschickt geplant hatten wir unsere Reise in die heißeste Jahreszeit gelegt - deswegen hieß es irgendwann: Hosen, weg damit und her mit Frischluft;)

Nachdem wir in Yangon(der ehemaligen Hauptstadt)in unserer Unterkunft angekommen waren und glücklicherweise noch alles in $$$ bezahlen konnten.
Unser Zimmer war gut, günstig und zentral gelegen, doch leider nicht immer beleuchtet. Denn in der ehemaligen Hauptstadt dieses Landes fällt ungefähr 1-2 die Stunde der Strom für 10-50 Minuten aus. Manche Häuser und Läden haben dafür einen Generator, andere nicht;)
Unser Erkundungsprogramm beinhaltete als erstes einen kurzen Gang über die Straßen und zuerst dachten wir, wir seien in Indien gelandet: überall liefen Inder herum, die Hälfte der Männer kaute Bethelnüsse und man keine buddhistischen Tempel, aber dafür umso mehr Hindutempel erblickte...
Im unvermeidbaren Vergleich mit Bangkok wirkten die Häuser vor allem kleiner und die Hochhäuser fehlen. Die höchsten Häuser in Yango wären in Bangkok wohl niedrige Appartmenthäuser, ab und zu gibt es mal ein Aushängeschild aber auch vom Hochglanz Thailands ist die ehemalige Kolonie weit enfernt. In den Straßen gibt es Löcher(ganz ehrlich! Böse, wenn abends der Strom ausfällt und man nichts mehr sieht!), an dne meisten Häusern ist mindestens die Farbe abgeblättert und hat den Charme von lieblos gebauten 60er Jahre Platten...Die Märkte wie in Thailand gibt es auch, doch ich hatte mehr das Gefühlm dass halt das verkauft wird, was man gerade hat, nicht das, was man verkaufen möchte. So gab es an einem Stand gleichzeitig Kamerabänder, Socken und driekt daneben lagen Kämme. Auf der Straße daneben hockte ein Mann, der Geld dafür nahm, wenn man sich auf seine Waage stellt...
Anders, aber spannend auch die Taxis: man machte sich gar nicht die Mühe ein Taxameter einzubauen, es wurde immer vorher verhandelt und auf der Rückbank konnte man durch den durchgerosteten Boden dann nicht nur das Stadtbild, sondern auch die Straße unter einem genau betrachten;) Irgendwann fiel uns auf, was uns unbewusst die ganze Zeit schon irritiert hatte: es gab keine Motorräder. Nirgends. Später irgendwann erfuhren wir auch, warum: sie waren in Yangon verboten. Warum? Weil man kann!
Für die Kultur und um die Zeit bis zur Weiterfahrt nach Mandalay herum zu kriegen, schauten wir uns noch zwei Pagoden an; die Sule Pagode, und eins der Wahrzeichen Myanmars: die berühmte Shwedagon Pagode: angeblich mit 8 echten Haaren Buddhas darin(obwohl sas später noch so vielePagoden haben sollten, dass Buddha bestimmt allein deswegen eine Glatze gehabt hat).
Interessant war auch die Abwechslung, neben den übrig gebliebenen Kolonialbauten das einzig westliche zu sein. Wir sahen in dieser Stadt, in der alle ankommen MÜSSEN, keinen einzigen anderen Westler, so dass wir schnell die Hauptattraktion überall waren und immer angestarrt wurden(manchmal aus sicherer Entfernung, manchmal mitten ins Gesicht). Der Vorteil daran: man verliert die Hemmungen, selber Leute anzustarren und mit einem freundlichen Lächeln wurde immer zurück gelächelt und viele Menschen wollten sich dann sogar nur mit uns unterhalten - ganz ohne Geld oder etwas verkaufen zu wollen(ich gucke zu Dir rüber, Thailand;) ) und die spätere Reise sollte den Titel des wahren "Land des Lächelns" noch bestätigen(sorry, Thailand - zweimal hintereinander;) ).
Hier möchte ich mich auch nochmal bei dem netten Mann bedanken, der uns in der Mittagshitze eine Stunde lang(!) bis zur Shwedagon Pagode begleitet hat und den wir (Asche über uns) lange im Verdacht hatten, dass er gleich Geld von uns wollte...

Mit dem Bus ging es zur Stadt mit dem romantischsten Namen der Welt: Auf nach Mandalay!
Die alte Hauptstadt, mit dem Königspalast, mit den Teestuben, den genau geraden Straßen und der U-Bein Brücke.
Hier gab es zwar nicht mehr so viele Inder(aber wir haben trotzdem zweimal indisch gegessen;) ), dafür aber eine schöne Umgebung und viele Begegnungen mit Menschen: wir ließen uns in einer Trishaw ein bisschen durch die Stadt fahren(wieder mit schlechtem Gewissen!) und erfuhren dabei, dass der Burggraben beim ehemaligen Palast im Zentrum der Stadt mit Zwangsarbeit ausgebessert und restauriert wurde. Mit dem Gewehr im Nacken mussten die Bewohner(auch unser Guide) jeweils eine Woche lang umsonst an 4, jeweils 2400m langen Graben helfen. Man durfte eigenes Essen mitbringen und die Bezahlung war, nicht eingesperrt zu werden...Dazu erklärte er uns, warum die Burmesen so gerne mit Ausländern sprechen: weil man bei denen wenigstens sicher sein könne, dass es keine Regierungsspitzel seien und man ihnen somit eher trauen könne, als seinen Nachbarn und Freunden...woran erinnert uns das?
Aussagen dieser Art sollten wir noch öfter hörenm genauso wie, dass fast jeder schon einmal im Gefängnis war oder jemanden kennt, der es gerade ist...

Obwohl wir zuerst direkt zum Inle See wollten, gab es erstmal keinen Bus, deswegen ging es vorerst nach Bagan.
War beeindruckend, aber für Euch bestimmt nicht so interessant:)
Interessant dagegen war die Busfahrt: wir kamen morgens in Bagan an und wollten von dort aus nachts weiter mit dem Bus zum Inle-See. Der Bus fuhr aber nur um 04:00Uhr morgens, also hiess es warten. Denn für eine halbe Nacht ne Hostel hätte sich nicht gelohnt, deswegen gingen wir abends um 08.00Uhr genüsslich essen, aber schon um 21.30 Uhr trieb uns das schlechte Gewissen schon nach draußen, immerhin wartetet die armen Besitzer nur darauf, dass die doofen Europäer endlich gingen.
Also machten wir uns auf den mittlerweile leeren Marktplatz auf, um dort im Schutze eines Baumes die Nacht abzuwarten und zu hoffen, dass wir nicht ausgeraubt werden.
Als wir gerade die ersten Schlafschichten ausmhandeln wollten, sahen wir eine offene Tür mit Licht und einer Bank daneben.
Da es verlockender aussah als absolute Dunkelheit, machten wir uns dorthin auf und setzten uns hin, falls jemand käme, könnten wir immerhin noch höflich fragen.
Wer dann kam, war ein kleines Mädchen, das uns anstarrte, kichernd hineinlief und die ältere Schwester holte, die das Spiel wiederholte. So kamen nach und nach 12 Menschen aus dem Haus, dann noch ein Mönch und irgendwann sogar ein Mann, der ein paar Brocken Englisch konnte. Nachdem wir erklärt hatten, warum wir dort saßen und dass wir den Bus um 04.00Uhr nehmen wollten, wurde uns eine Pritsche zurechtgemacht, uns wurden Süßigkeiten und etwas zu Trinken geschenkt und gerade, als unser schlechtes Gewissen so groß wurde, dass wir schon fast wieder gehen wollten, wurden wir in ein Zimmer geführt, wo Bambusmatten für uns zurecht gemacht wurden und uns wurde erklärt, dass dies ein Kloster war und wir doch besser drinnen schlafen sollten. Unser Gastgeber war der Fahrer der Mönche und lebte mit seiner Familie dort, wir sollten ihn einfach am nächsten morgen um 03.00Uhr wecken, dann würde er das Tor für uns öffnen und gern geschehen...
Die (halb) Nacht war also gerettet und die Gastfreundschaft ist umso beeindruckender, als dass wir im Nachhinein erfuhren, dass es in Myanmar illegal ist, Fremde ohne Genehmigung zu beherbergen...
Am nächsten Morgen schenkte uns eine Blumenverkäuferin dann auch noch Teigtaschen zum Frühstück und alles einfach so!
Gerade als wir uns fragten, ob unser Karma so gut sein könnte, kam der Bus und, um es kurz zu machen: es fuhren ca. 50 Leute mit, bequem wäre er für 15 gewesen;)
Aber auch die alte Frau neben mir stand irgendwann von meinem Schoss auf und mit jedem Dorf wurden die Leute weniger, so dass wir nach 18 Stunden(und mysteriösen Reparaturarbeiten bei jedem Stopp) auch unsere Beine ausstrecken konnten.
Obwohl wir uns jedoch im für Touristen "erlaubten" Gebiet befanden, kamen wir an unzähligen Kindern und Frauen vorbei, die als "Donation Work" die Straße mit bloßen Händen und nackten Füßen neu teerten und Befestigungen bauten...So zeigte die Regierung dann schnell offen sein wahres Gesicht...

Am Inle-See selber lernten wir ein französisches Paar und einen Kanadier kennen, mit denen wir dann das Dorf und den See erkundeten. Der See selber ist unbeschreiblich!Hier ist die Zeit wirklich vor 100 Jahren stehen geblieben und in der 8 Stunden dauernden Tour über den See war man jede Sekunde von der Landschaft überwältigt, die der riesige, von Bergen eingeschlossene See einem Boot. Inmitten von schwimmenden Gärten, Dörfern im Wasser und Fischern, die mit den Beinen rudern und genauso leben wie vor ewigen Zeiten kann man fast vergessen, wie schrecklich das Land schon seit 40 Jahren ausgebeutet und geknechtet wird...
Ich versuche, ein paar Bilder sprechen zu lassen, aber dies ist der schönste Ort, den ich je in meinem Leben gesehen habe!

Zurück im Dorf fanden wir ein italienisches Restaurant, in dem uns der stolze burmesische Besitzer seinen echten Steinofen, seinen italienischen Kräutergarten und seine Nudelproduktion(alles Handarbeit!) zeigte...
Leider mussten wir dann auch bald zurück, aber mit dem Gefühl, wieder zu kommen.

Zurück in Yango gingen wir noch einmal abends zur Shwedagon Pagode, unterhielten uns mit Burmesen und ließen nochmal alles auf uns wirken:
die Männer in ihren Longyis, die Frauen mit der Thanakapaste, die traditionelle Kleidung neben den Ständen mit "günstigen" DVDs, die Betelnussstände, die Teeläden, die Trupps von Nonnen und Mönchen...
Am vorletzten Abend trafen wir an der Shwedagon noch einen angehenden Journalisten, der uns für den nächsten Tag zu einer Mönchsweihe einlud, wo wir mit burmesischem Essen verwöhnt wurden, Fotos mit stolzen angehenden Mönchen machten, uns mit dem Studenten über Existenzialismus und Politik unterhielten und seine Einschätzung zur "Wahl" in diesem Jahr erfuhren("Alles Theater, aber jedes bisschen Veränderung ist besser als jetzt...")
Selten hat mich ein Land so beeindruckt, gefesselt und traurig gemacht, so einen starken Eindruck hinterlassen. Es ist so schön, mit so vielen Leuten wirklich ins Gespräch zu kommen und jeder hat eine spannende Geschichte, auch wenn sie meistens auf die eine oder andere Art traurig ist...
Dieses Land hat eine so bewegte Geschichte und eine solch spürbare Spannung, dass es traurig ist, dass ich so lange nichts darüber wusste.
Ohne hier Lehrer sein zu wollen, es lohnt sich, sich mit dem Thema zu befassen und folgende Bücher möchte ich gerne empfehlen:
"Der Glaspalast" von Amitav Gosch - ein spannender Blick in die Kolonialzeit und die Epoche des letzten Königs
und natürlich "Finding George Orwell in Burma" Emma Larkin fährt auf George Orwells Spuren(er war als Kolonialpolizist 5 Jahre dort) durchs Land, trifft Leute und trifft schöne und zugängliche Beobachtungen.

Schließen möchte ich mit einem Zitat, das Burma schmerzlich trifft und gleichzeitig eine Erklärung geben kann, warum sich Burma so ein anderes und traurigeres Schicksal als das "Paradies nebenan" Thailand erlitt. Die letzte Königin Burmas sagt in Amitavs Buch im Exil um 1890:

"Was ist aus diesem Land geworden, das einst Siam besiegte und aus Ayuthaya vertrieb? In 100 Jahren einmal wird man genau sehen, welches Land kolonialisiert wurde. Welches Land geknechtet und in die Unfreiheit gelang und welches frei blieb..."




Ich schwöre, es ist die Auflösung! :/ Aber auch ich hab jetzt so einen Hut, ist ja auch besser gegen die Sonne:)

Schwedagon tagsüber…...und nachts...
In Myanmar ist Buddha nicht nur er- sondern auch be-leuchtet
The Road to Mandalay
Viel besser so! Endlich wieder atmen;)

Mit coolen Mönchen nach den Klausuren - Am Mandalay Hill

Die wollten ein Bild mit uns, dann wollten wir ein Bild mit Ihnen
Im Kloster in Bagan
Inle See
Unsere fröhliche Inle- Truppe
Rudern…
Fishermen

Mandalay, der alte Palast, jetzt ist drinnen eine Armeegarnision stationiert…
Thanakapaste, gut gegen Sonne, Falten, Wasser…





Das wars(erstmal…)Ganz liebe Grüße und stay tuned for Thailand – ist ja auch spannend gerade…

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