Mittwoch, 4. November 2009

Mondscheinsonate

Am Montag war es endlich soweit: der 2. November 2009, lange erwartet und doch nun doch endlich gekommen: Loy Krathong!
Das Lichterfest! Romantisch, hübsch und lustig, alles auf einmal! Der Name verspricht Großes, nicht wahr?
Konkret verbirgt sich hinter dem hübsch klingenden Namen ein sehr altes Volksfest, dessen Ursprünge man nicht genau weiß, sicher ist, dass es typisch thailändisch ist, denn zwischendurch und danach gibt es was zu essen.
Die Götter haben also beschlossen, mich auch am Loy Krathong teilhaben zu lassen und ahnungslos wie ich war, musste ich dazu initiiert werden, unter der sachkundigen Anleitung der traditionsbewussten thailändischen Vorbastler.
In Ermangelung einer mysteriösen, verrauchten dunklen Höhle und mangels eines echten Dschungels in Khrung Thep, in den man geführt werden könnte, ging es also den Flur hinunter. Immerhin war es windig und Donner hörte man auch. Von weitem hörte man auch schon die fernen Klänge einer exotischen alten Kultur, die sich mit ein bisschen Phantasie auch als gutturale ethnische Musik hören ließ, denn wer will schon bei einem uralten fest moderne thailändische Coverversionen von mittelmäßigem 80er Jahre Rock hören?
Unsere Initiationshöhle war also Raum 12.
Bedrohlich und notdürftig erhellt nur vom flackernden Schein der Neonröhre mit sporadischen Ausfällen, lagen auch schon alle Instrumente da:

- Erbarmungslos in Scheiben gesägte Palmenstämme
- bei Vollmond gesammelte Bananenblätter
- Spitze Machinismen, die in diesem Ritual zusammen halten, was nicht zusammen gehört(Nägel und Reißzwecken)
- Bizarre, fremde Gewächse aus einer anderen Welt(Blumen)
- Unheilige Lichter, verlockend und tödlich(Kerzen)
- Entsinnende und ominöse Nebel (Räucherstäbchen)
- Und schließlich: die Flaggen des Opfers und der vollständigen Hingabe(Gebetswimpel)

Ausgestattet mit diesen Utensilien konnte also gar nichts mehr schief gehen.
Wir setzten uns zu acht an den Altar(Tisch) und begannen unsere Zeremonie.
Jeder bekam ein Stück Palme, das dann zugleich mit den Blättern geschmückt wurde. „Seid kreativ“ war die Devise.
Es wurde also fleißig gebastelt, Blätter wurden in Kronen-Zacken-Form gefaltet, Kreise wurden ausgeschnitten, Nägel wurden heimlich zu Dutzenden als Tragbalken verwendet und in dieser Runde erfuhren die Thailänder dann auch von der deutschen Institution Waldorfschule.;) Während manche der fleißigen Bastler durch Ästhetik, Symmetrie UND durchdachtes Design glänzten, waren andere froh, wenn die Blätter entfernt so hielten wie sie sollten.
So stand dann das bedachte Abzählen der einzelnen Blattadern gegenüber dem pragmatischen Ansatz „jede Form die hält, ist eine gute Form“. Gerade, filigrane Monumente schauten würdevoll auf die gefallenen Ruinen von verplanter Größe und verwegenem Übermut. Das Buch der Bücher hatte einen illustrierten Gastauftritt, als mein Turm zu Babel sich auch mit Nägeln nicht mehr retten ließ…

Am Ende stand dann aber vor jedem ein Prachtexemplar von Krathong. Jedes Einzelne liebevoll dekoriert und gestaltet, manche mit Ganesha-Blumen in leuchtendem Gelb, Orchideen in zarten Lilatönen und einer unterschiedlichen Anzahl an Gebetswimpeln.
Manche verzichteten auf Blumen und steckten andächtig einen Zweig für jedes Familienmitglied ins Floß, andere hatten eine Märchenlandschaft aus grünen Blättern geschaffen, während ein anderes Floß dem Garten Eden entsprach.
Ich hatte mich für viele Ganesha - Blumen entschieden, um die dutzende an benutzen Nägeln zu verdecken Gemeinsam war allen eine Kerze und drei Räucherstäbchen.
Die Kerze ist wegen dem…Lichterfest. Große Überraschungen und Symboliken bleiben hier leider aus.
Die drei Räucherstäbchen hingegen stehen
a) Für Buddha und seine Wahrheiten
b) Für die Ahnen und das Opfer und die Anerkennung, die man ihnen un der Geisterwelt zollt
c) Für einen selber und die Wünsche, die in Erfüllung gehen sollen.
Die oben erwähnten Fahnen waren dagegen wieder freiwillig.
Insgesamt steht das fest vor allem für Dankbarkeit dafür, dass man genug (sauberes) Wasser hat und man entschuldigt sich, dass man das Wasser benutzt und verschmutzt - wobei manche sich mit Styropor Krathongs entschuldigen...

Nun war 18.00Uhr und damit Zeit für ein erstes Abendessen.

Um ca. 19.00Uhr machte sich unsere Prozession dann auf, in Richtung des ehrwürdigen Lumpini Parks.
Stolz hielten wir unsere geweihten Machenschaften hoch, nur ein wenig besogrt, ob der Wind unsere Werke zerstören und das Wasser sie wohl tragen würde.
An den Toren des Einlasses, begehrten hunderte andere den Selbigen und schnöde Massenfabrikanten, verkauften vor den Toren fertige Krathongs.
Handwerklich geschickt und mit der Übung der tausend waren sie zwar hübsch anzusehen, doch fehlte ihnen eindeutig das Herzblut und die Hingabe, welche die Unsrigen auszeichneten.
Mittlerweile war es dunkel geworden, der Mond stand hoch und wachte über das Treiben. Wir waren überrascht über die schiere Masse an freien Plätzen, denn zu unserem Erstaunen waren nicht annähernd so viele Menschen gekommen, wie erwartet.
Das Wasser glomm nicht in einem Meer aus Krathongs, sonder war vielmehr eine große dunkle Fläche, durchbrochen von vereinzeltem Kerzenschein auf sanft wogenden Wellen.

Wir umrundeten das Gewässer, in froher Erwartung des nun anstehenden Rituals( an dieser Stelle sei kurz eingeworfen, dass der durchschnittliche Thailänder in Bangkok versucht, am Tag weniger als 30 Schritte zu gehen; es sei denn beim Shopping), geschickt die Wind und Bevölkerungsverhältnisse ausnutzend und uns zu Eigen machend.
Nach einem gefühlten Gewaltmarsch angekommen, begann auch die Magie. Das heißt, die Magie wurde durch schnöden Mammon eingeleitet, denn damit man einen Wunsch hat, muss man 1Baht opfern, also ging erstmal das Austauschen von Kleingeld los. Aber dann war es soweit:
Wir sangen das Loy Krathong Lied, das wir(die Farangs) vorher mühsam (so gut wie möglich) aufgeschrieben und gelernt hatten, um in einem wundervollen, engelsgleichen Chor in perfekter Harmonie zu ertönen;)
Dann wurde ein Feuerzeug herum gereicht und jeder entzündete erst die Kerze, an dieser dann die Räucherstäbchen und nacheinander knieten wir uns ans Wasser, um unsere Wünsche und Hoffnungen auf die Reise zu schicken.
Einem kurzen Moment der Panik und der Resignation vor der eigentlichen Jungfernfahrt folgte dann auch die gebannte Spannung, als das Floß tatsächlich schwamm und mit nahm.
Jeder hatte einen kurzen, innigen Moment mit sich selbst und seinen Wünschen.
Man erzählt auch hier seine Wünsche nicht und im Internet werde ich dies natürlich auch nicht tun. Es hat etwas Schönes mit den Menschen um herum zu tun, der Zukunft, immer schon da ist und dem Weg, den ich eingeschlagen habe.
Das Schöne am Fest fand ich, dass es eine sehr persönliche Sache ist, die man gleichzeitig mit anderen feiert. Jeder macht das Gleiche, jeder bastelt ein Krathong, aber jedes hat einen individuellen Charakter und hinter jedem stecken andere Gedanken. Man macht sich gemeinsam auf, teilt den Moment, bis auf das eigentliche Wünschen.
Der Moment wird so besonders und so spürbar, gerade dadurch, dass man etwas Einzigartiges in die Vergänglichkeit entlässt und dies mit Freude tut. In diesem Moment des Loslassens hat man alles in der Hand.


Kitschig entlasse ich Euch jetzt nur noch damit, dass wir danach noch essen warenJ, das Feuerwerk auf dem Chao Phraya angeschaut haben, natürlich Bildern und dem Text unserer thailändischen Mondscheinsonate - ha! wenn das kein gekonnter Zirkelschluss zum Titel war;) :


Bis dahin,

lg, Micha



Die fleißigen Bastler!

Stolze Präsentation
Gruppenfotos - nie verkehrt:)
Neidisch? Ich?!
Mein Prachtexemplar aus Ferne......und NäheAnzünden......zu Wasser lassen......und genießen!

Lichter...

Sounds like a melody...

Loy loy krathong, loy loy kratong
Loy krathong gun leaw kor chern nong keaw oog ma rum wong
Rum wong wan loy krathong, rum wong wan loy krathong
Boon ja song hai raouw sook jai
Boon ja song hai raouw sook jai.

Und Übersetzung:

Loy, Loy Krathong, Loy, Loy Krathong,

wir liessen unsere Krathongs schwimmen, und bitten die Mädchen Ram Wong zu tanzen,

Ram Wong am Loy Krathong Tag, Ram Wong am Loy Krathong Tag!

Gute Taten bringen uns Gück,

gute Taten bringen uns Glück! "

1 Kommentar:

  1. stimmungsvolle Bilder...netter Tex...

    ABER komm, den Liedtext haste dir doch ausgedacht...welcome to the reich der Fantasie :-P

    VLG

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